Timo Broeker – Meine Bewerbung als Bürgermeister

Liebe Blombergerinnen und Blomberger,

ich kandidiere am 13. September nicht nur für den Blomberger Stadtrat, sondern auch als Bürgermeister. Vor sechs Jahren bin ich eher überraschend für die Grünen in den Rat gekommen, damals noch parteilos. Was ich in den letzten Jahren erlebt habe, hat letzten Endes auch den Ausschlag für meine sehr ernst gemeinte Entscheidung gegeben.  

Was hat mich bewogen?

Sei es in Bezug auf die Schließung der Friedhöfe und die spätere, diesbezügliche Verleihung des Heimatpreises, das Trauerspiel mit dem Millionengrab Vattipark oder das aktuelle Beispiel des Friedwaldes in Höntrup: vor allem mit der Art und Weise, wie viele Beschlüsse zustande gekommen sind, bin ich nicht einverstanden! Die gewählten Vertreter im Rat, egal welcher Partei, hatten es aufgrund von zum Teil unnötiger Geheimhaltung, magerer Information und vorschneller Beschlüssen allzu häufig nicht leicht, ihrer Pflicht zur Vertretung der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden.   

Mehr ernsthafte Bürgerbeteiligung, mehr objektive Informationen und keine unnötige Geheimhaltung

Blomberg braucht nicht nur dringend wieder ernstgemeinte Bürgerbeteiligung, sondern auch transparente und objektive Beteiligung der Gremien. Dazu muss ein Bürgermeister seine Funktion als Moderator zwischen Rat, Verwaltung und den Menschen so objektiv wie möglich ausfüllen. Es ist kein Hexenwerk, die Menschen einzubeziehen, aber man muss es wollen. 

Blomberg als Zukunftsprojekt begreifen

Eigentlich sind die Voraussetzungen in Blomberg ja nicht schlecht. In vielen Belangen wurde hier allerdings zu lange einfach nur verwaltet. Schon die letzten beiden Legislaturperioden sind geprägt von Stillstand. Mit Ausnahme der Klärschlammvererdungsanlage fällt mir kein einziges zukunftweisendes Projekt ein. Während andere Kommunen, auch in der Nachbarschaft, Neubaugebiete als Klimaquartiere umsetzten, Nah- und Fernwärmenetze ausbauten, oder sich proaktiv in interkommunale Verkehrskonzepte einbrachten, setzte Blomberg auf Vertrautes. Und verpasste etliche Chancen.

Mal konkret – was läuft falsch?

Die Erstellung eines Klimakonzeptes durch einen städtischen Klimamanager wird zum großen Teil finanziell gefördert. Wäre heute, wie in der Vergangenheit von den Grünen gefordert, so ein tragfähiges und zukunftsweisendes Klimakonzept vorhanden, könnte mit großen Summen von Fördergeldern aus dem Konjunkturprogramm eine Vielzahl von investiven Maßnahmen umgesetzt werden. Dazu zählen zum Beispiel Lüftungsanlagen in Schulen und Sporthallen, Bike+Ride-Stationen, Nahwärmenetze und Klimaquartiere. Letzteres lag schon am Baugebiet Sonnenhang auf der Hand, wurde aber abgelehnt, weil man möglichst billig Bauland anbieten wollte. Bis heute hat die regierende SPD keine noch so geringe Absicht, im Neubaugebiet Saulsiek II irgendein zukunftsweisendes Konzept umzusetzen. Es soll lediglich billig sein. Aber billiges Bauland macht Blomberg nicht zukunftsfähig und die Zeche wird spätestens in zwanzig Jahren bezahlt. Zweifel? Allein das Beispiel Elektromobilität macht es deutlich:

SPD und CDU drücken aufs Tempo bei der Erschließung des Baugebietes. Folgerichtig wird konventionell mit dem Vorhandenen erschlossen. Ohne dass die in der Erde liegenden elektrischen Anschlussleitungen aber verstärkt werden, ist nicht genug Leistung da, um überall im Neubaugebiet E-Ladepunkte bzw. Wall Boxen zu errichten. Selbst wenn man so kritisch über Elektromobilität denkt wie ich, muss man bei der derzeitigen Förderung der E-Mobilität davon ausgehen, dass viele Bauherren in Zukunft einen genehmigungspflichtigen Ladepunkt einrichten wollen. Das wird dann für die meisten Eigentümer im Baugebiet Saulsiek II nicht möglich sein. Ein Haus kaufen in einem Baugebiet, in dem ich keinen Anschluss für mein E-Auto bekomme? Schnell und billig – so gestaltet man nicht die Zukunft Blombergs, auch in wirtschaftlicher Hinsicht nicht. Dies ist nur eins von vielen Beispielen.

Wo wollen wir in 20 Jahren stehen?    

Die Veränderung in vielen Bereichen ist im vollen Gange, egal ob es verändertes Mobilitätsverhalten, das Sterben des Waldes, Trockenheit oder Starkregen ist. Dinge wie das Aussterben der dörflichen Infrastruktur im Hinblick auf Nahversorger, Kneipen, Sportplätze oder Friedhöfe sind deutlich sichtbar in den letzten 20 Jahren. Höchste Zeit, 20 Jahre nach vorne zu schauen. Dazu muss man sich dieser Frage aber ernsthaft annehmen. Die derzeitigen Verantwortlichen bedauern beispielsweise das Waldsterben im Blomberger Stadtforst laut und deutlich. Sie suchen nach bestmöglichen Lösungen, um zu reagieren, machen eine Baumpflanzaktion mit Bürgern, sind darüber hinaus aber gezwungen, die Lage so hinzunehmen wie sie ist. Hätte man sich bereits vor 20 Jahren Gedanken dazu gemacht, wäre der Blomberger Forst heute keine Mondlandschaft. Gewarnt wurde seinerzeit deutlich genug.    

Just a little bit of history repeating

Dies wiederholt sich genau jetzt. Die Ansätze der Verantwortlichen beschränken sich in vielen Fällen auf das „Verwalten“ und eben ausdrücklich nicht auf das „Gestalten“, auch wenn mit diesem Slogan geworben wird. Der ist daher genauso fehl am Platz wie „Gemeinsamkeit stärken“, wenn man einen Blick auf das Vorgehen in Höntrup wirft.

Interkommunale Zusammenarbeit, Wasserversorgung, Waldbrand- und Starkregenschutz, Erneuerbare Energie, günstiger und guter ÖPNV, Fahrradstraßen, Bewahrung und Belebung der historischen Innenstadt, Infrastruktur und Maßnahmen auf den Ortsteilen – wo sind die Konzepte für die nächsten 20 Jahre? Derzeit gehen die Fördertöpfe reihenweise an Blomberg vorbei. Die Stadt braucht endlich professionelles Fördermittelmanagement, damit gezielte Zukunftsprojekte mit Exzellenz-Charakter umgesetzt werden können.

Wie wäre es mit einem Förderprogramm für 500 Regenwassernutzungsanlagen statt Videoscreen und Rostnelke? Heimatpreise für vorbildliche, insektenfreundliche Vorgärten, weil Anreize besser sind als Verbote? Blomberger Bürgergesellschaften und heimisches Crowd-Funding für den Ausbau von Fahrradwegen oder Glasfasernetz, deren Einlagen eine bessere Rendite erzielen als Sparkonten? Eine Beteiligungsgesellschaft für die Leerstände im Stadtkern? Die Liste der Möglichkeiten ließe sich endlos verlängern. Die Stadt muss dabei die Daseinsvorsorge in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen und keine dringend benötigten Ressourcen in Luxusprojekte stecken, die sich abnutzen, ohne Blomberg zukunftsfähig zu machen.      

Kleine Stadt, die alles hat? 

Die Zeiten sind vorbei. Man wird sich auf wesentliche Punkte beschränken und dafür wenige ausgewählte, aber exzellente Projekte umsetzen müssen. Fördergelder gibt es für diese Dinge immer wieder. Längst könnte Exzellenz das Attribut Blombergs sein, aber die Verantwortlichen setzen lieber auf „ein bisschen von allem, gerne günstig“. In Zukunft werden weniger Dinge vorgehalten werden können. Auch nicht jedes Dorf kann alle erdenklichen Einrichtungen betreiben. Aber jedes braucht Begegnungsstätten und attraktiven Raum für das Ehrenamt, damit sich die Menschen weiterhin engagieren. Denn ohne Zusammenkunft und Freude ist Ehrenamt nicht zu leisten. Daher müssen Dorfgemeinschaftshäuser, Spiel-, Sport- oder zumindest Bolzplätze, Friedhöfe und ähnliches als Zukunftsinvestitionen verstanden werden. Das Ehrenamt leistet in Blomberg einen Beitrag, der umgerechnet unbezahlbar wäre! Daran gemessen ist eine gute Ausstattung für die Ehrenamtler nur ein geringer Beitrag der Stadt und ein hoch rentables Investment. Ohne Ehrenamt wäre tote Hose.

Was qualifiziert ausgerechnet mich?

Diese Frage muss sicherlich gestellt werden. Formal qualifiziert mich mein Hochschulabschluss (Ing. M.Sc.) für den höheren Dienst, unter normalen Umständen zwingende Voraussetzung für die Besoldungsgruppe B. Ich bin 43 Jahre alt, Ingenieur der Biotechnologie und arbeite seit über 10 Jahren im öffentlichen Dienst. In dieser Zeit habe ich immer eng mit der Verwaltung Hand in Hand gearbeitet. Als Ingenieur in der Forschung und Entwicklung bin ich fachlich in den Disziplinen Erneuerbare Energie und Lebensmitteltechnologie zu Hause. Gleichzeitig bringe ich die Sichtweise der modernen Arbeitswelt aus der langjährigen Tätigkeit in Forschung und Entwicklung mit. Das betrifft sowohl Grundlagen wie Projektakquise und -management, Teamleitung und Budgetverantwortung. Auch Dinge wie die Arbeit in Vorständen und Leitungsgremien, Präsentationen auf internationalen Tagungen oder Verhandlungen mit Partnerunternehmen gehören dazu. Vor allem in der Fördermittelakquise und Projektabwicklung bringe ich sehr viel Erfahrung mit. Insgesamt habe ich in den letzten 10 Jahren bei der Akquise von mehreren Millionen Euro Drittmitteln maßgeblich mitgewirkt, angefangen bei der Idee, über die Partnerakquise und mehrstufige Beantragungsprozesse bis zur Schlussrechnung von Projekten bei Landes-, Bundes und EU-Förderungen. Was noch? Ich habe fünf Jahre im Institutsvorstand mitgewirkt, am Expertengespräch Runder Tisch Bioökonomie im Landesministerium teilgenommen, einen 2,1 Mio. € Start-Up Preis im Beisein von Peter Altmaier in Empfang genommen, Verträge verhandelt, auf vielen internationalen Kongressen präsentiert, um nur einige Punkte zu nennen.

Neben der beruflichen Erfahrung ist aus meiner Sicht aber auch eine gewisse Empathie für die Lebensrealität in Blomberg von großer Bedeutung. Ich bin hier seit vielen Jahren im Sportverein und im Dorf aktiv, genau wie meine Familie, weiß durch meine Kinder, wie es in Schulen und Kitas aussieht und so weiter. Und auch der Blick über den Tellerrand schärft die Sicht dafür, wie man Prioritäten setzt und welche kreativen Ideen man für seine Heimat entwickelt. Denn als Bürgermeister sollte man zwar Verwaltung verstehen, aber nicht die reine Verwaltungsbrille aufhaben.

Wer in Blomberg gerne Veränderung sehen möchte, dem biete ich gerne an, diese Sichtweise und Arbeitskraft in den Dienst der Großgemeinde zu stellen – als Bürgermeister. Denn sonst erreichen wir am 13. September nichts als ein „weiter so“ mit anderem Antlitz. Aus dieser tiefen Überzeugung habe ich mich letztlich zu dem großen Schritt entschlossen und bewerbe mich bei den Blombergerinnen und Blombergern für die Bürgermeisterwahl – weil es Zeit ist, Blomberg neu zu denken.            

Herzliche Grüße

Timo Broeker, M.Sc.